Trinkbecher aus Aluminium, 1894-1914
Inv. Nr.: Ü 583
Soldaten haben schwer zu tragen. Neben ihrer Bekleidung und Bewaffnung müssen alles dabeihaben, um sich selbst mit dem Nötigsten versorgen zu können: Wetterschutz, Wärme, Essen und Trinken. Diese Ausrüstungsteile sollten jedoch möglichst leicht sein, um die Soldaten bei Märschen möglichst wenig zu belasten. Ende des 19. Jahrhunderts versprach ein neues Metall Erleichterung: Das Aluminium.
Aluminium wurde erstmals 1855 bei der Weltausstellung in Paris der Öffentlichkeit vorgestellt. Zu dieser Zeit war es aufgrund des aufwendigen Herstellungsprozesses jedoch noch teurer als Gold und diente vornehmlich der Herstellung von Luxusgütern wie Schmuck. Trotzdem sah Napoleon III. das Potential des neuen Metalls für den militärischen Bereich, um beispielsweise das Gewicht von Helmen, Uniformknöpfen und Geschirr zu verringern. Er förderte daher den Aufbau einer Aluminiumindustrie in Frankreich. In Deutschland wurde 1885 die erste Aluminiumfabrik in Bremen-Hemelingen gegründet, bestand jedoch nur wenige Jahre, weil es zu wenig Abnehmer gab und das Leichtmetall mit der Erfindung der Schmelzflusselektrolyse nun wesentlich günstiger hergestellt werden konnte. Durch die einfachere und günstigere Produktion wurde es nun für das Militär interessant, weshalb das preußische Kriegsministerium zunächst Zeltbeschläge aus Aluminium fertigen ließ. Nachdem gesundheitliche Bedenken durch Untersuchungen ausgeräumt wurden, wurde es auch für Feldflaschen und Kochgeschirre verwendet. Daraufhin erfolgte auch der Durchbruch des Materials für ziviles Kochgeschirr.
Ab etwa 1894 gehörte zur Feldflasche ein separater Trinkbecher mit zwei klappbaren Henkeln. Dieser wurde im Brotbeutel mitgeführt. Diese Trinkbecher aus Aluminium wurden nur bis Oktober 1914 hergestellt – danach begann bereits der Mangel dieses Leichtmetalls in Deutschland.
Aluminium wurde hauptsächlich aus der neutralen Schweiz importiert. Tonerde, aus der Aluminium gewonnen werden konnte, war in Deutschland zwar vorhanden; allerdings gab es anfangs nur ein einziges Hüttenwerk, was zur schweizerischen Aluminiumindustrie gehörte und unter 10% des in Friedenszeiten benötigten Aluminiums lieferte. Um importunabhängiger zu werden, wurden in Deutschland 1915 und 1916 zum Teil mit Kriegsgefangenen und im Geheimen drei kleine Aluminiumwerke aufgebaut. Durch die verunreinigte Tonerde war das in Deutschland produzierte Aluminium jedoch von schlechterer Qualität. Der steigende Kriegsbedarf an Ausrüstungsgegenständen, Geschossteilen und Halbzeugen für den Bau von Flugzeugen und Luftschiffen konnte kaum gedeckt werden. Zusätzlich ersetzte Aluminium Nichteisenmetalle wie Kupfer, welches aufgrund der Handelsblockade nicht mehr importiert werden konnte. Aluminium ersetzte Kupfer beispielsweise bei der Produktion von Munition, in der Elektroindustrie und Legierungen. Für den zivilen Markt fand daher gar keine Produktion mehr statt und auch die Trinkbecher wurden wieder aus Stahlblech statt Aluminium gefertigt.
Literatur:
Knauer, Manfred: Hundert Jahre Aluminiumindustrie in Deutschland (1886-1986), München 2014.
Kraus, Jürgen: Die deutsche Armee im Ersten Weltkrieg – Uniformierung und Ausrüstung – 1914 bis 1918, Wien 2004.
Marschall, Luitgard: Aluminium – Metall der Moderne, München 2008.
Podcast: Geschichten aus der Geschichte, Folge 465: „Wie Aluminium entdeckt wurde“, 2024.
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