Objekt des Monats 01/2022
Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten
Uniform Stahlhelmbund
Inv. Nr.: DPM 1.1002
Der deutsche Stahlhelm ist eines der zentralen Symbole des Ersten Weltkrieges. Nicht alle deutschen Soldaten erhielten einen, sondern zunächst nur diejenigen, die an der Front besonders gefährdet waren. Erstmals für alle Dienstgrade gleich, ohne regionale oder schmückende Kennzeichen, wurde er zum Symbol dieser Schicksalsgemeinschaft in den Schützengräben. Eine Gemeinschaft kann nur mit dem Ausschluss anderer gebildet werden: So sahen sich Soldaten, die längere Zeit an der Front eingesetzt waren, als elitäre Frontkämpfer und blickten auf Soldaten der Unterstützungseinheiten und in der Etappe herab.
So ist es wenig verwunderlich, dass der Stahlhelm namensgebend für einen Veteranenbund wurde: „Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten“ oder kurz Stahlhelmbund genannt. Er war einer der einflussreichsten und mitgliederstärksten Wehrverbände der Weimarer Republik und wurde bereits wenige Wochen nach dem Ende des Ersten Weltkrieges gegründet. Der Bund war jedoch keine Kaffeerunde für alte Kameraden, sondern eine paramilitärische Organisation, die zwar überparteilich sein wollte, jedoch alles andere als unpolitisch war: Seine Gründer wollten Soldaten zusammenführen, die während der Novemberrevolution gegen linke Revolutionäre kämpfen wollten. Später positionierten sie sich gegen das demokratische System der Weimarer Republik. Zunächst nur im Magdeburger Raum aktiv, weitete sich der Stahlhelmbund im Laufe der 1920er Jahre zu einer Massenorganisation mit Mitgliedern aus den ehemaligen Freikorps und Einwohnerwehren im ganzen Reichsgebiet aus.
Die Uniform stammt von einem Mitglied aus dem Gau „Oldenburg-Ostfriesland“. Sie erinnert nicht nur zufällig an die feldgrauen Uniformen des Reichsheeres: Der Wegfall der Wehrpflicht und die Auflösung vieler Garnisonen in Deutschland trennte Bevölkerung und Militär, die während der Kaiserzeit noch eng verwoben gewesen waren. Organisationen wie der Stahlhelmbund führten die ehemaligen Soldaten wieder in die Mitte der Gesellschaft. Die uniformierten Mitglieder organisierten Kulturveranstaltungen und waren fest im national gesinnten Bürgertum verankert. Aufgrund der Bestimmungen des Versailler Vertrages, die Reichswehr auf 115.000 Mann zu begrenzten, wurden viele ehemalige Soldaten vom Dienst an der Waffe ausgeschlossen. Im Stahlhelmbund konnten sie an ihre gesellschaftliche Stellung in der Kaiserzeit anknüpfen und fanden Gleichgesinnte, welche die Sozialdemokraten und Juden für den verlorenen Krieg verantwortlich machten. Mit dieser Verschwörungserzählung konnten die Frontsoldaten von ihrer eigenen Verantwortung ablenkten und den Mythos pflegen, die kaiserliche Armee hätte zwar den Krieg verloren, sei aber „im Felde unbesiegt“ gewesen. Folgerichtig waren nur wenige Sozialdemokraten und Juden Mitglied im Stahlhelmbund, ab 1924 ergänzte der Stahlhelmbund seine Satzung um einen „Arierparagraphen“ und zwang jüdische Frontsoldaten zum Austritt.
Ideologisch bot der Stahlhelmbund viele Anknüpfungspunkte mit den Nationalsozialisten, diese sahen sich jedoch auch in Konkurrenz zueinander. Der Gründer und Bundesführer des Stahlhelms Franz Seldte besiegelte das Schicksal der Organisation, als er 1933 Reichsarbeitsminister wurde, in die NSDAP eintrat und für Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmte. Die Auflösung des Bundes und die personelle Fusion mit den Nationalsozialisten finalisierte sich, als die fast eine Million Stahlhelmmitglieder 1935 in die paramilitärische Organisation der NSDAP, die SA, überführt wurden. Diejenigen, die sich gegen diesen „freiwilligen“ Übertritt wehrten, mussten einen Eid auf Hitler ablegen und wurden statt in der SA im „Nationalsozialistischen Deutschen Frontkämpferbund“ zusammengefasst, der jedoch bereit Ende 1935 wieder aufgelöst wurde.