Objekt des Monats 07/2021

Objekt des Monats 07/2021

Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten

NVA Stahlhelm Modell 1956

Inv. Nr.: DPM 1.919

Die Aufgabe eines Helms ist klar – den Kopf zu schützen. Doch auch wenn die Anforderungen sich in den Jahrzehnten der beiden Weltkriege nicht verändert haben, so wurden international unzählige Designs ausprobiert. Das mit der Aufstellung der Nationalen Volksarmee der DDR 1956 eingeführte Stahlhelmdesign stellt in vielerlei Hinsicht den effektivsten Schutz dar, der mit dem Material Stahl erreicht werden konnte – übertroffen nur von den neuen Kevlarhelmen. In rein technischer Hinsicht bietet diese Helmform viele Vorteile: Durch seinen hohen Sitz auf dem Kopf und weit abstehendem Rand gibt er dem Helmträger große Bewegungsfreiheit und schränkt das Sichtfeld und die Hörfähigkeit wesentlich weniger ein als sein Vorgänger der Wehrmacht. Die glatte Form und der überschräge Winkel der Helmglocke ergaben sich aus Beschussversuchen, durch den steilen Auftreffwinkel werden Splitter und unter günstigen Umständen sogar Kugeln gut abgelenkt. Seine Form birgt jedoch auch Nachteile, so sitzt der Helm weniger fest auf dem Kopf und die weit abstehende Helmform konnte auch behindern, zum Beispiel beim Absitzen von Fahrzeugen. Nach eingehenden Tests erhielt die Truppe der NVA im Herbst 1957 die ersten 50.000 Stahlhelme.

Ein Helm muss jedoch nicht nur schützen, sondern stellt auch immer ein Teil der Identität der Streitkräfte dar und muss sich zu historischen Designs positionieren. Während in der Bundesrepublik das Design der US-amerikanischen Streitkräfte als Inspiration diente und US-amerikanische Stahlhelme getestet wurden, trugen die Streitkräfte der DDR anfangs Uniformen, die denen der Sowjetarmee stark ähnelten. Die Kasernierte Volkspolizei (KVP), die Vorgängerin der NVA, nutzte auch sowjetische Stahlhelme bei ihren Geländeübungen. Bereits 1953 aber lieferte die VEB Schwerter Emaillefabrik eigene Musterhelme zur Erprobung, von welchen jedoch keine in der KVP eingeführt wurden. Die Suche nach einem geeigneten Helm drängte und so fiel die Wahl auf einen bereits erprobten, aber nicht mehr eingeführten Helm der Wehrmacht. Dieser war ab 1943 als Weiterentwicklung des M 35-Modells gedacht, dessen Knickstellen ein Kugelfang waren. Das daraus folgende glatte Design hat optisch wenig Ähnlichkeiten mit dem ikonischen deutschen Stahlhelmdesign. In Betonung der eigenen nationalen Identität wichen mit der Aufstellung der NVA 1956 auch die braunen Uniformen in Sowjetoptik einer neuen Uniform.

Diese neue Identität der Streitkräfte der DDR fußte in ihrer Abgrenzung zum preußischen Militarismus und die NVA sollte sich in ihrer Struktur und dem Personal gänzlich in die sozialistische Ideologie einfügen. So sah die politische Führung der DDR die Tradition der NVA als „Volksarmee“ vom Bauernkrieg 1524/25 bis zum kommunistischen Widerstand gegen den Faschismus. Sie erwartete von ihrem Führungspersonal sowohl Patriotismus als auch die Verbundenheit mit dem sozialistischen Internationalismus. Das Offizierskorps sollte keine Elite sein, sondern sich als Teil der Gesellschaft und Arbeiterklasse verstehen. Nur wenige Jahre nach Auflösung der Wehrmacht gelang es der SED, eine neue militärische Führungsschicht zu schaffen, die im Vergleich zur Bundeswehr nur auf wenige ehemalige Wehrmachtsoffiziere zurückgriff. Ganze ohne sie kam jedoch auch die „Arbeiter-und-Bauern-Armee“ nicht aus, auch wenn dieser Teil der NVA-Geschichte in der DDR unthematisiert blieb. So sehr sich die sozialistische Volksarmee von dem Personal und dem Geist der vorherigen deutschen Armeen abgrenzte, so wenig problembewusst übernahm sie ihre Uniformelemente und Traditionen und mit dem Stahlhelm sogar mit nur wenigen Änderungen das angedachte Wehrmachtmodell M 45.

Weitere Objekte des Monats …

Nachruf

Links auf diesem schönen Foto sehen Sie Kalle Weber. Das Foto ist wunderbar symbolisch, weil nicht ganz klar ist, ob der Mann sich an den Panzer lehnt oder umgekehrt – denn Kalle Weber war wirklich ein Fundament, eine tragende Säule, ein Urgestein des Panzermuseums.

Über Jahrzehnte hat er in verschiedensten Verwendungen an unzähligen unserer Großobjekte gearbeitet, sei es im militärischen oder im zivilen Kontext. Er hat Bodenfunde von Schrottklumpen in Prachtstücke verwandelt, hat repariert, restauriert und recherchiert – um dann nach den Recherchen wieder neu an den Fahrzeugen zu arbeiten. Seine Organisationskünste und seine Kontakte waren Gold wert und ein wichtiges Schmiermittel hinter den Kulissen. Er hat Fahrzeuge fahrfähig gemacht, fahrfähig gehalten und wenn etwas kaputtgegangen ist, hat er sie WIEDER fahrfähig gemacht. Kalle Weber hat durch seinen Einsatz und seine Arbeitskraft in tausenden Arbeitsstunden ein metallenes Vermächtnis geschaffen, das sich über die gesamte Ausstellung zieht.

Aber nicht nur Metall war seine Leidenschaft, auch mit Menschen konnte er umgehen. Ein ruhiger und bescheidener Mann, war Kalle Weber immer leicht zugänglich und ansprechbar. Nie war er zu sehr Experte, war sich nie zu fein, sein Wissen mit anderen Menschen zu teilen. Jederzeit hat er Fragen beantwortet, bei Problemen geholfen, Hilfestellungen gegeben und unterstützt. Und wenn man sich ehrlich interessierte, bekam man oft noch mehr als nur das, was man eigentlich gefragt hat: Für die, die sich die Zeit nahmen, ihm zuzuhören, nahm er sich stets die Zeit, um noch etwas mehr Hintergrundwissen, noch etwas Kontext, noch ein Detail zu ergänzen. Oft nahm man aus einem Gespräch viel mehr mit als man erwartet hätte. Auf diese Weise hat er nicht nur durch seine eigene Arbeit das Museum geprägt, sondern konnte auch zahllosen Besucher:innen neue Einsichten vermitteln, alle Mitarbeiter:innen des Museums zu besseren „Panzerleuten“ machen und vielen Ehrenamtlichen helfen, zu noch besseren Hobbykommandanten zu werden.


Kalle Weber hat bis zuletzt tatkräftig und voller Freude an „seinen“ Fahrzeugen gewerkelt und geschraubt und Menschen im Museum betreut. Völlig unerwartet ist er am 19.06.2021 an einem Herzinfarkt verstorben.

Archiv

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Das Deutsche Panzermuseum zeigt ab sofort einen Tiger I. Das Fahrzeug ist eine Leihgabe, die bis mindestens Sommer 2026 im Museum ausgestellt sein wird.

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