Objekt des Monats 10/2021

Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten

Armeerundschau 5/90 „Panzer passé?“

Inv. Nr.: Ü 497

Bereits kurz nach dem Gründungsjahr der NVA 1956 brachte der Militärverlag der DDR Zeitschriften und Zeitungen für unterschiedliche Adressat:innen heraus, zum Beispiel die Wochenzeitung „Volksarmee“, die Zeitschrift „Militärwesen“ für Offiziere oder die Zeitschrift „Militärgeschichte“. Die Illustrierte „Armeerundschau“ mit dem Untertitel „Zeitschrift für Militärwesen, Politik und Kultur in der Nationalen Volksarmee“ und später „Magazin des Soldaten“ richtete sich auch an die Zivilbevölkerung. Nur etwa fünf Prozent der verkauften Hefte gingen an die NVA und Grenztruppen.

Laut der Publikationsordnung des Militärverlags sollten die Medien „die Erziehung der verschiedenen Leserkreise in der Nationalen Volksarmee und in der Öffentlichkeit“ gewährleisten. Um dies zu erreichen, sollte die Armeerundschau besonders attraktiv und unterhaltsam gestaltet sein, damit das positive Bild der NVA und ihren Verbündeten auch bei der Bevölkerung ankam. Trotz der vielen militärischen Inhalte wie Einblicke in den Alltag in der NVA, Portraits ausländischer Streitkräfte, Waffen-Typenblätter und Artikel zu moderner Technik war die Sprache der Armeerundschau locker und umfasste auch Kulturthemen und Unterhaltung wie Gedichte, Rätsel sowie Abbildungen von Stars und Nacktmodellen.

Die Armeerundschau erschien zunächst im DIN-A4-Format; als sich das Format 1962 auf A5 verkleinerte und auf Vier-Farben-Druck umgestellt wurde, ging die Auflage in die Höhe: Mit 11.000 gestartet, verzehnfachten sich die verkauften Exemplare und 1979 erreichte die Auflage sogar 340.000.

Die Redaktion legte hohen Wert auf den Kontakt zu den Lesenden: Sie veröffentlichten und beantworteten in mehreren Rubriken Leserbriefe und Kommentare. Die Redaktion erhielt nach eigenen Angaben jährlich um die fünfzigtausend Zuschriften. Diese wurden auch dazu genutzt, herauszufinden, ob die Heftinhalte in der gewünschten Weise bei den Lesenden ankamen. Leserbriefe mit vermeintlich sicherheitsrelevantem Inhalt schickten Redaktionen der NVA-Presse an die Abteilung für Sicherheitsfragen beim ZK der SED weiter.

Das Jugendforschungsinstitut in Leipzig kam zu dem Ergebnis, dass fast alle Jugendlichen die Armeerundschau kannten und jeder dritte diese ständig oder gelegentlich las. Hauptsächlich erreichte die Zeitschrift 16- bis 18-jährige, ein Drittel von ihnen weiblich. Die Armeerundschau konnte somit einen großen Einfluss auf das NVA-Bild Jugendlicher in  der DDR nehmen. Dies war auch der Verwaltung Spezialpropaganda der Politischen Hauptverwaltung der NVA bewusst, weshalb sie die Inhalte genau überprüfte – je nach politischer Lage mehr oder weniger streng. Die Redaktionen mussten zum Beispiel ihre Jahrespläne genehmigen lassen und es gab sowohl eine Vor- als auch Nachzensur der Artikel. Die hohe Verbreitung der Hefte ist jedoch kein Gradmesser für tatsächliche Wirkung auf die Jugendlichen oder ihrer Zustimmung zu den Inhalten.

Mit dem politischen Umbruch im Jahr 1989 erhielt die Zeitschrift eine nie dagewesene inhaltliche Freiheit und gab sich den Untertitel „Das internationale Militärmagazin“. In dieser Umbruchszeit stellten sich viele die Frage, wie eine deutsche Armee künftig aussehen könnte. Welchen Platz Panzer in diesen Zukunftsvorstellungen haben könnten, diskutierte der Militärhistoriker und damalige Chefredakteur der DDR-Zeitschrift „Militärwesen“ in einer der letzten Ausgaben der Armeerundschau vom Mai 1990. Den Artikel „Panzer passé?“ öffnet die Collage eines T-72 mit einem Knoten im Rohr, der durch eine rosafarbene Blumenwiese fährt. Als Offensivwaffe des Angriffskrieges könnte der Panzer, so der Autor, zur reinen Landesverteidigung jedoch ausgedient haben. Die hohen Kosten und die schlechte Umweltbilanz ließen die Panzer zudem wenig zukunftsfähig erscheinen: Doch wie bei den Wiener Verhandlungen über die Reduzierung konventioneller Streitkräfte, die im März 1989 begannen, bereits abzusehen, stand nur eine Reduzierung, jedoch keine Abschaffung von Panzertruppen zur Debatte. Passé seien laut des Autors Panzer jedoch „nur vorläufig noch nicht.“ Die Armeerundschau war hingegen bereits zwei Monate später passé: Wie die meisten Periodika der NVA wurde die sie im Sommer 1990 eingestellt.

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