Objekt des Monats 03/2024

Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum. Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten.

Diorama eines Hügelgrabes am Lehmberg, etwa 1965-1970

Inv. Nr.: DPM 7.441

Als die Wehrmacht im Jahr 1935 den Truppenübungsplatz Bergen gründete, schloss das Gelände auch zahlreiche vorgeschichtliche Denkmale ein. Sie beauftragte einen Archäologen, der zwischen 1935 und 1944 die Steingräbergruppe ‚Siebensteinhäuser‘, 277 Hügelgräber und mehrere Wallanlagen kartierte. Nach 1945 nutzten die Alliierten die norddeutsche Tiefebene für ihre Manöver – neben Truppenübungsplätzen auch Äcker und Naturschutzgebiete.

Panzerbesatzungen übten in Manövern, für ihr Fahrzeug eine „teilgedeckte Stellung“ – etwa bis zur Wanne – aufzusuchen und auch Infanteristen sollten sich „einschanzen“, also in der Erde eingraben. Die norddeutsche Tiefebene bietet jedoch nur wenig Deckung. Die erhöhten Grabhügel wurden daher häufig aus Unkenntnis oder Fahrlässigkeit mit Panzerketten zerfahren oder durch Schanzarbeiten beschädigt. Anfang der 1960er Jahre konnten die Manöver stärker reguliert werden und es wurde begonnen, die Kulturdenkmäler auf den Übungsplätzen besser zu schützen.

Die Bundeswehr unterstützte die Grabungen der zivilen Stellen der Bodendenkmalpflege durch die Bereitstellung von Zelten und Wasser, sowie mit schwerem Gerät, um beispielsweise Findlinge zu versetzen. Um eine weitere Zerstörung zu verhindern, wurden die Grabhügel mit Behelfspanzersperren und zum Teil zweisprachigen Warntafeln gekennzeichnet. So sollten sowohl übende Bundeswehrsoldaten als auch britische Soldaten die Kulturgüter erkennen.

Die Arbeit auf den Truppenübungsplätzen war jedoch gefährlicher als an anderen Grabungsorten. So übten die Soldaten in Bergen-Hohne nicht mit Übungsmunition, sondern konnten mit allen Waffensystemen des Heeres scharf schießen. Entsprechend hoch war die Gefahr durch Blindgänger. Auch durften sich Zivilist:innen aus Geheimhaltungsgründen im Kalten Krieg nur eingeschränkt auf militärischem Gelände aufhalten. Der Kompaniechef der Panzerjägerunteroffizierlehrkompanie der Kampftruppenschule III in Munster gründete daher eine Arbeitsgemeinschaft von archäologiebegeisterten Soldaten. Er führte in Absprache mit der niedersächsischen Bodendenkmalpflege seit 1961 regelmäßig Rettungsgrabungen auf Truppenübungsplätzen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein sowie den „Roten Flächen“ in der Lüneburger Heide durch.

Im Jahr 1965 nahm die Arbeitsgemeinschaft mit drei bis acht Soldaten über etwa sechs Wochen eine Rettungsgrabung auf dem NATO-Schießplatz Bergen-Hohne vor. Diese wurden für die Zeit vom Dienst freigestellt oder durften gemäß „Erlass Erzieherische Maßnahmen“ als Belohnung für gute Leistungen an den Grabungen teilnehmen. Die Hügelgräbergruppe bei Lehmberg war bereits teilweise stark beschädigt. Das im Rahmen dieser Arbeit entstandene Diorama stellt einen der untersuchten Grabhügel im Maßstab 1:20 dar. Der Leiter der Arbeitsgemeinschaft Wilken Dürre stellte es sowohl zur Dokumentation, als auch als einen Interpretationsversuch der Funde her. Der Grabhügel Nr. 1 ist 19 Meter im Durchmesser, noch etwa 1,20 Meter hoch und von einer Randmauer begrenzt. Das vorgefundene Begräbnisritual schien sich jedoch stark von anderen, ähnlichen Anlagen der Region aus der älteren Lüneburgischen Bronzezeit zu unterscheiden: Die Leichname waren nicht verbrannt worden, es gab auch keine Spuren des typischen Baumsarges. Bei einem Leichnam, wahrscheinlich eine ältere Frau, fanden die Soldaten Grabbeigaben aus Bronze, wie eine Lüneburger Radnadel, Reste einer Bronzescheibe und eines Stollenarmbandes. Die Steinsetzungen um die Grabanlage sollten das Auseinanderfließen des aufgeschütteten, sandigen Heidebodens verhindern. Die Funde wurden vor Ort belassen und gesichert oder in Absprache mit der Bodendenkmalpflege Niedersachsen an Museen und Sammlungen abgegeben.

Neben der Dokumentation der Grabung in Karten und Publikationen organisierte die Arbeitsgemeinschaft auch Tagungen und Ausstellungen. Einer der Soldaten der Arbeitsgemeinschaft führte lange Zeit ein Privatmuseum zur Vor- und Frühgeschichte für den Heimat- und Kulturverein Bispingen mit Funden, Dioramen und Schaubildern der Arbeitsgemeinschaft. Trotz dieses Engagements entschied sich die Bundeswehr damals gegen die Einrichtung einer festen Stelle eines „Wehrarchäologen“.

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