Objekt des Monats 11/2022

Objekt des Monats 11/2022

Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten

Taschenbuch der Tanks, 1926

Inv. Nr.: Ü 533

Das „Taschenbuch der Tanks“ erschien erstmals 1926. Es ist eines der ersten deutschsprachigen Bücher, die sich mit der neuen Panzertechnik beschäftigten. Der Autor Fritz Heigl betrachtete hierin „Wesen, Erkennung, Bekämpfung“ von Panzern unterschiedlicher Nationen. Es war jedoch keine reine Technikbeschreibung, sondern ein politisch stark in der Zeit verwurzeltes Werk.

Fritz Heigl wurde 1895 in Pragerhof in Österreich-Ungarn geboren (heute Pragersko, Slowenien). Als der Erste Weltkrieg begann, war er gerade im zweiten Semester seines Studiums an der Technischen Hochschule Wien. Er meldete sich als Einjährig-Freiwilliger und begann damit seine militärische Karriere. Er diente in der Feldartillerie und der Infanterie. Heigl wurde mehrfach verwundet und ausgezeichnet und erlebte das Kriegsende, mittlerweile als Oberleutnant, in einem Lazarett. In die Reserve versetzt, erhielt er nach dem Krieg eine kleine Pension. Er nahm sein Ingenieurstudium wieder auf und arbeitete als wissenschaftliche Hilfskraft an der Lehrkanzlei für Wärmekraftmaschinen. Heigl promovierte 1927 über Lafettenbau und wurde schließlich zum Major der Reserve des österreichischen Bundesheeres befördert. 1930 wurde er Privatdozent an der Technischen Hochschule, starb jedoch bereits zwei Monate später an einem Leberleiden.

Sein Hauptinteresse galt den neuen Panzerkampfwagen, doch Österreich war es laut des Vertrages von Saint-Germain verboten, gepanzerte Fahrzeuge zu kaufen oder zu entwickeln. Lediglich leicht gepanzerte Autos waren erlaubt und wurden vom Bundesheer zu Übungszwecken genutzt. Praktische Erfahrungen konnte Heigl zum Beispiel zwischen 1924 und 1926 sammeln, als er sechs Panzerautos für das Bundesheer auf der Basis von LKW-Fahrgestellen konstruierte. Diese Schul-Panzerautos wurden für die Ausbildung genutzt. Heigl konnte an ihnen verschiedene Panzerungen, Tarnanstriche sowie Turmkonstruktionen testen. Diese Versuche dienten auch dazu, herauszufinden, ob die Schul-Panzerautos „im Ernstfall“ statt mit Eisenblech auch mit Panzerstahl ausgestattet werden könnten, um sie zu Behelfspanzerwagen aufzurüsten.

Fritz Heigl publizierte ab 1921 in diversen Fachzeitschriften wie der „Militärwissenschaftlichen Rundschau“ zu Themen wie der Entwicklung der Artillerie, Tarnung und dem Einsatz sowie der Technik der neuen Panzer. 1926 veröffentlichte er sein „Taschenbuch der Tanks“, ein Jahr später einen Ergänzungsband und kurz vor seinem Tod dessen zweite Ausgabe. Es avancierte zu einem internationalen Referenzwerk. Dies lag neben der technisch kenntnisreichen Beschreibung der Fahrzeuge in der Kombination mit taktischen Fragen auch an deren Detailreichtum. Dieser war wahrscheinlich nur durch die Unterstützung von deutschen Dienststellen möglich, die möglicherweise sogar einen Druckkostenzuschuss besteuerten. Heigl widmete sein Werk „in erster Linie dem deutschen und österreichischen Heere“. Der deutsche Verlag J. F. Lehmanns gab zu dieser Zeit wehrwissenschaftliche Werke heraus, war jedoch bereits seit den 1910er Jahren für rassenideologische und antisemitische Schriften bekannt. Diese wurden auch im Taschenbuch der Tanks beworben. Der Verleger Julius Friedrich Lehmann war bereits seit 1920 NSDAP-Mitglied und beteiligte sich 1923 am Hitler-Putsch.

Einer der Schwerpunkte Heigls Buch, die Bekämpfung, ergab sich daraus, dass das deutsche und österreichische Militär mangels eigener Fahrzeuge insbesondere an Fragen der Panzerabwehr interessiert waren. So beschreibt Heigl den Einsatz der Panzer im Ersten Weltkrieg und ihre Abwehr besonders genau, lässt diese jedoch beim schwedischen Stridsvagn weg. Er begründet dies mit der „ungebrochene[n] freundschaftliche[n] Gesinnung des stammverwandten schwedischen Volkes“. Tatsächlich handelte es sich bei den Stridsvagn um die 1921 heimlich von Deutschland an Schweden verkauften LK II, die laut Versailler Vertrag eigentlich hätten vernichtet werden müssen. Heigl verschwieg dies, anhand seiner beigefügten Risszeichnungen dürfte Experten die Herkunft der Stridsvagn jedoch offensichtlich gewesen sein.

Nach Fritz Heigls Tod erschienen in seinem Namen weitere, erweiterte Ausgaben von unterschiedlichen Autoren als „Heigl’s Taschenbuchs der Tanks“.

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KEINE MILITÄR-MODELLBAUAUSTELLUNG MEHR IM PANZERMUSEUM

Zwanzig Jahre lang gab es im Panzermuseum einen festen Programmpunkt: Die Militär-Modellbauausstellung in den Hallen des Hauses. Zuerst zu Ostern, später zu Pfingsten, präsentierten sich Dutzend Fans des Hobbys ihre Modelle, die manchmal wirklich eine atemberaubende Qualität hatten.


Dazu traten einige kommerzielle Stände, an denen sich die Fans mit neuem Material versorgen konnten. Die zweitägige Veranstaltung hatte eine hervorragenden Ruf in der Modellbauszene und faszinierte auch den einen oder anderen Menschen für das Thema, der sich vorher gar nicht dafür interessiert hat. Über die Jahre hinweg profitierten beide Seiten voneinander: Anfangs, als das Museum noch nicht so medial präsent war wie heute, war die fleißige Werbung der Veranstalter auch immer eine gute Werbung für das Museum. Später, als das Museum immer öfter in den Medien auftauchte und vor allem in den Sozialen Medien sehr präsent war, wurden viele Leute über das Museum auf die Veranstaltung aufmerksam. Besonders hervorzuheben ist das alljährliche fleißige Spendensammeln zugunsten der Kinderkrebshilfe, das fester Bestandteil jeder Ausstellung war.

Mit der Pandemie wurde die Veranstaltung, wie so viele andere, vorläufig eingestellt.

In der Zwischenzeit hat sich im Panzermuseum hinter den Kulissen viel getan. Eine neue Dauerausstellung wurde entwickelt, die ab Februar in unseren Hallen zu sehen sein wird. Sie wird den Anspruch verwirklichen, den das Haus in der letzten Dekade entwickelt hat und nur durch bürokratische Verzögerungen bisher nicht vollständig umsetzen konnten: Die Panzer in den Hallen in einen historischen Kontext einzubetten – und zwar in die hellen Seite des Themas wie z.B. Kameradschaft und technische Leistungen ebenso, wie in die dunklen Seiten des Themas wie z.B. Leiden und Verbrechen. Über 50 Texte und über 150 Fotos, Grafiken und andere Medien werden diese Inhalten transportieren. Die Tonalität des Hauses wird sich damit zum ersten Mal nach 40 Jahren Bestehen des Hauses drastisch ändern.

Da Corona zwar nicht vorbei ist, aber doch immer mehr in den Griff bekommen wird, stand nun natürlich die Frage im Raum, ob denn Pfingsten 2023 die Modellbauaustellung wieder zu Gast im Panzermuseum sein soll. Heute gab es dazu ein Gespräch mit den beiden Organisatoren der Ausstellung und das Ergebnis des Termins lautet: Nein, die Ausstellung wird künftig nicht mehr im Museum stattfinden.

Neben vielen Detailgründen ist dabei ein Umstand grundsätzlich entscheidend: Das Wesen der Messe und das Wesen der neuen Ausstellung passen nicht mehr zusammen.

Die Ausstellung war die vergangenen Dekaden eine beinahe rein technische: Panzer stand neben Panzer und die Objekttexte gaben auch Informationen über das jeweilige Fahrzeug weiter, aber größere historische Zusammenhänge gab es nicht. Man konnte das Panzermuseum also wie ein Traktorenmuseum oder ein Autohaus besuchen – als rein technische Schau. Das Panzermuseum hat bereits die letzten 10 Jahre den Anspruch gehabt, die historische Einbettung vorzunehmen, aber das fand aus Geldmangel bisher nicht durch die Ausstellung statt. Durch Audioguides, ja. Durch Führungen, ja. Aber nicht durch die Dauerausstellung an sich.

Das war museologisch schade, hatte aber den Effekt, dass ein fröhliche und lockere Veranstaltung wie die Modellbauaustellung auch gut 2 Tage in den Hallen zu Gast sein konnte. Große Panzer und kleine Panzer in einer Halle, das ergab Sinn, solange nichts weiter drumherum war. Deswegen haben wir die Ausstellung auch so lange gern zu Gast bei uns gehabt.

In der neuen Ausstellung passen die beiden Sachen aber nicht mehr zusammen. Die neue Ausstellung wird viele Informationen beinhalten über die dunkle Seite von 100 Jahren Panzerei – in Wort und Bild. Und dazwischen passt eine lockere, fröhliche Veranstaltung nicht mehr.

Fotos von verbrannten Leichen, die aus Panzern geborgen werden, sind kein passender Hintergrund mehr dafür.

Texte über die Zwangsarbeit in Auschwitz III sind kein passender Hintergrund mehr dafür.

Fotos von Leichenbergen sind kein passender Hintergrund mehr dafür.

Texte über das Ertrinken in Panzern sind kein passender Hintergrund mehr dafür.

Fotos von Menschen unter Panzerketten sind kein passender Hintergrund mehr dafür.

Wir haben uns daher dazu entschlossen, dass das Museum nicht mehr der richtige Ort für die Modellbauausstellung ist, die ja ein fröhliches und entspanntes Zusammenkommen von Menschen mit dem gleichen Hobby ist. Und das soll sie auch bleiben – und das geht eben ab 2023 nicht mehr in den Hallen des Panzermuseums.

Wir selber bedauern den Wegfall eines traditionellen Events im Jahr ebenfalls – speziell, weil es ja mal nicht am Geld scheitert, wie so vieles andere, und weil es auch keinen Streit oder dergleichen gab. Wir wünschen im Gegenteil dem Team und den Ausstellerinnen und Ausstellern alles Gute und haben unsere Hilfe angeboten. Wenn eine Ersatz-Location in der Nähe gefunden wird, werden wir daher gerne Kombitickets anbieten; wir werden die Ausstellung und den neuen Ort auf unseren Kanälen bewerben (auch wenn er weiter weg ist) und was uns sonst noch an Kooperationsmöglichkeiten einfällt.

Wir wünschen allen Modellbaufans alles Gute!

Ralf Raths
Direktor

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