NEUES OBJEKT: EIN KRANKENWAGEN AUS DER UKRAINE

Gestern hat das Panzermuseum eine neue Leihgabe aufgenommen: Einen Krankenwagen UAZ-452 aus der Ukraine. Warum?

1) Was ist das für ein Auto?

Der UAZ-452 war ein Kleintransporter, der durch Allradantrieb, Differentialsperre und große Bodenfreiheit sehr geländegängig war. Das Modell wurde 1965 in der Sowjetunion für die Armee entwickelt und wurde in der Grundversion bis 1985 produziert. Sein Spitzname lautete buchanka (Brotlaib) und bezog sich auf die Form des Kastenaufbaus. Bis heute wird das Fahrzeug in immer wieder modernisierten Versionen weiter gebaut.

2) Was hat es mit diesem Exemplar auf sich?

Das hier ausgestellte Exemplar war lange in der Ukraine als Krankenwagen genutzt und dann eingelagert worden. Mit Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine im Februar 2022 wurde es aus dem Depot geholt. Durch die hohe Geländegängigkeit konnte es genutzt werden, um über Nebenstraßen und unbefestigte Wege alte Menschen und Kranke zu evakuieren, da zivile Fahrzeuge auf den öffentlichen Straßen unter russischem Beschuss standen.. Am 12. März 2022 wurde das Krankenhaus in Derhatschi von russischen Streitkräften mit Streumunition beschossen. Der Fahrer wollte mit dem ausgestellten Fahrzeug gerade zu einer Tour aufbrechen. Die Schrapnelle durchschlugen die Buchanka auf der gesamten rechten Seite und traten auf der anderen Seite wieder aus. Der Fahrer wurde dabei schwer verwundet.

Dieser völkerrechtswidrige Angriff war und ist kein Einzelfall. Bis heute werden immer wieder zivile Einrichtungen und Zivilisten durch die russischen Streitkräfte gezielt mit Raketen und Artillerie beschossen. Angriffe auf Krankenhäuser stellen Kriegsverbrechen dar. Nach den Bestimmungen des humanitären Völkerrechtes, speziell des Genfer Abkommens, dürfen sie nicht angegriffen werden.

Die Buchanka aus Derhatschi ist seitdem vom Verein Fellas For Europe e.V. in über 35 Städten in Deutschland ausgestellt worden. Unter anderem stand er in Berlin vor dem Bundestag und in Brüssel vor dem Europäischen Parlament, wo er von Vertreter:innen aus Politik und Verwaltung besichtigt wurde. Bis Mitte Februar 2024 wird das Fahrzeug im Panzermuseum bleiben, um dann seine Reise als mobiles Mahnmal fortzusetzen.

3) Warum steht es nun im Panzermuseum?

Das Fahrzeug brauchte eine trockene und warme Unterstellmöglichkeit für den Winter. Wir haben sofort zu gesagt, denn es ist in doppelter Hinsicht ein idealer „Gast“ für das Panzermuseum.

Zum einen ist es ein eindrückliches Objekt, dass die Urgewalt des Krieges im Wortsinne „begreifbar“ macht. Das Objekt macht die Leute enorm nachdenklich und berührt sie auch emotional – das ist die eindeutige Erfahrung der Tour und war auch gestern im Panzermuseum sofort zu beobachten. Das Fahrzeug hilft uns bei unserem Anspruch, bei der Vermittlung der Panzergeschichte die Menschen in den Mittelpunkt zu rücken und das Thema Leiden, Töten und Sterben zentral zu betrachten.

Zum anderen bieten wir dem Fahrzeug gern ein Heim, um als „Spendenmaschine“ arbeiten zu können. Die Buchanka ist nämlich nicht nur allgemein unterwegs, um an den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu erinnern; es steht auch immer eine Spendenbox daneben, deren gesammelte Einnahmen zum Erwerb neuer medizinischer Ausrüstung für die Ukraine eingesetzt werden. Die Ausstellung ist also auch ein politischer Akt, um die Unterstützung des Freiheitskampfes der Ukraine sowohl symbolisch zu zeigen als auch konkret zu unterstützen.

NEUE REKORDMARKE IM PANZERMUSEUM!

2023 ist das mit Abstand erfolgreichste Jahr für das Panzermuseum seit seiner Gründung. Wir freuen uns über mehr als 125.000 Besuche in dieser Saison.

Es ist eine bittersüße Nachricht, weil diese Zahl nicht im Vakuum entstanden ist.

Der bittere Teil ist, dass das gestiegene Interesse unserer Besucher:innen an Militär, Sicherheitspolitik und Waffentechnik nicht zuletzt durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine begründet ist. So wichtig und richtig ein öffentliches Interesse an diesen Themen ist, so traurig ist es, dass eines derart tragischen Ereignisses bedurfte, um es breit zu beleben.

Wahr ist aber auch, dass im Jahr 2022 unsere Besuchszahlen nicht besonders zugenommen haben, trotz des Krieges. Es muss also noch etwas passiert sein, und das ist der süße Teil der Gleichung: Wir vermuten, dass die breite Berichterstattung über die neue Ausstellung viele Menschen in das Panzermuseum gelockt hat, die das Panzermuseum früher nicht kannten oder nicht besuchen wollten, oder die schon mal da gewesen sind und nun die überarbeitete Ausstellung zum Anlass genommen haben, erneut vorbeizukommen. Da die Reaktionen auf die Ausstellung durch die Bank positiv waren, dürfte das dann wiederum zu vermehrter Mundpropaganda geführt haben.

Was auch immer Sie bewegt hat, zu uns zu kommen: Wir danken Ihnen, dass Sie den Weg zu uns auf sich genommen haben!

Objekt des Monats 11/2023

Objekt des Monats 11/2023

Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum. Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten.

Schutztruppenhut aus Deutsch-Südwestafrika, 1896-1913

Inv. Nr.: DPM 1.976

Im Januar 1904 begannen die OvaHerero einen Befreiungskrieg gegen die deutschen Kolonisten in Deutsch-Südwestafrika. Die deutsche Kolonisierung zerstörte seit Jahren nachhaltig die Lebensgrundlage der Herero, die Viehzucht; 1904 kam erschwerend noch eine Rinderpest hinzu.

Die deutschen Kolonien waren unprofitabel und hatten hauptsächlich symbolischen Charakter. Das Kaiserreich unterhielt auch keine Kolonialarmee wie andere Staaten; die sogenannte Schutztruppe rekrutierte sich lediglich aus Freiwilligen der vier deutschen Armeen im Kaiserreich.

Die zahlenmäßig schwachen und schlecht ausgerüsteten Kolonialsoldaten der Schutztruppe konnten den Kämpfern der OvaHerero kaum etwas entgegensetzen. Sie forderten deshalb Verstärkung aus Deutschland an.

In zwei bis drei Wochen erhielten die zur Verstärkung angeforderten Soldaten auf dem Truppenübungsplatz Munster ihre militärische Ausbildung für die Kolonie; unter anderem Reiten, Schießen und Taktik.

Zur Einkleidung erhielten sie den „Südwester“: einen Schlapphut, dessen Krempe auf einer Seite mit einer Kokarde in den Reichsfarben nach oben gehalten wird. Diese besitzt für Offiziere eine silberne Umrandung und ist abnehmbar. In der Schlacht um Ovikokorero im März 1904 hatte sich gezeigt, dass diese Rangabzeichen ein einfaches Ziel für die Schützen der OvaHerero waren und die deutsche Truppe schnell ihre ohnehin wenigen Offiziere verlor. Anhand der Farbe des Bandes kann die Zugehörigkeit des Trägers zu einer der deutschen Kolonien erkannt werden. Bei diesem Hut eines Mannschafters ist das kornblumenblaue Ripsband für Deutsch-Südwestafrika verblichen, die originale Farbe kann hinter dem Krempenaufschlag erahnt werden. Die Kokarde ist die Offizierversion, die sich unabhängig vom Dienstgrad häufig auf den noch erhaltenen Schutztruppenhüten findet.

Die Soldaten wurden zusammen mit ihren Pferden aus Munster am 20. Mai 1904 über Hamburg zum Hafen von Swakopmund verschifft. Als diese etwa drei Wochen später eintrafen, zogen sich die OvaHerero bereits zusammen mit ihren Familien und dem verbliebenen Vieh zum Waterberg zurück. Aufgrund der erfolgreichen Schlachten erwarteten sie ein Verhandlungsangebot der Deutschen. Diese griffen jedoch erneut an und begannen nach der Kesselschlacht am Waterberg im August 1904 einen Vernichtungskrieg gegen die OvaHerero. Die deutschen Truppen hinderten die in die Wüste Omaheke geflohenen Kämpfer und ihre Familien daran, Wasserstellen zu erreichen und vergifteten diese. Im Oktober 1904 proklamierte der Kommandeur der Schutztruppe, Lothar von Trotha, dass „jeder Herero mit oder ohne Gewehr, mit oder ohne Vieh erschossen [wird]. Ich nehme keine Weiber und Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volk zurück oder lasse auf sie schießen.“ Für die deutschen Soldaten ergänzt er, dass diese über die Köpfe der Frauen und Kinder hinwegschießen sollen. Doch allein dieses Zurücktreiben in die Wüste sicherte ihren qualvollen Tod durch Verdursten. Daraufhin erhoben sich nun auch die zuvor mit den Deutschen verbündeten Nama gegen die Kolonialmacht.

Die Überlebenden OvaHerero und Nama wurden in bereits zu dieser Zeit so genannte Konzentrationslager gesperrt. Diese sind nur in Teilen mit den nationalsozialistischen Lagern vergleichbar. So waren die Lager in Deutsch-Südwestafrika beispielsweise nicht dafür errichtet worden, ihre Insass:innen systematisch zu töten, sondern waren als Umerziehungs- und Zwangsarbeitslager gedacht. Doch von den etwa 15.000 internierten OvaHerero und 2.000 Nama starben etwa die Hälfte. Der Krieg endete im Jahr 1908. Die genaue Zahl der Toten insgesamt ist aufgrund fehlender Bevölkerungsstatistiken unbekannt. Schätzungen gehen von einer Bevölkerungsgröße von etwa 60-80.000 OvaHerero aus, von denen etwa Zweidrittel bis Dreiviertel im Krieg starben. Etwa die Hälfte der 20.000 Nama starb durch den Krieg. Auf der anderen Seite starben etwa 2.000 der 14.000 entsendeten deutschen Soldaten infolge von Kampfhandlungen oder an Krankheiten.

Die Vereinten Nationen erkannten den Vernichtungskrieg in Deutsch-Südwestafrika, dem heutigen Namibia, im Jahr 1948 als Kriegsverbrechen und Völkermord an – Deutschland tat dies erst im Jahr 2021.

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