Objekt des Monats 04/2019
Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten.
Zigarettenspitze Verdun
Inventarnummer: DPM 7.156
Die extremen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg bildeten für die Soldaten das einschneidendste Erlebnis ihres bisherigen (und meist auch ihres restlichen) Lebens. Sie konservierten ihre Erinnerungen an Schlachten, Orte oder Kameraden häufig in gesammelten oder angefertigten Objekten. Viele nahmen ihre an der Front gefertigten Talismane als Erinnerungsstücke mit nach Hause. Andere stellten nach dem Krieg Objekte her, um mit ihren Erlebnissen fertig zu werden.
Der Stellungskrieg bot für diese Art der handwerklichen Betätigung besondere Voraussetzungen: Der Wechsel von extremen Gefühlen wie Todesangst mit langen Phasen des Wartens und der Langeweile begünstigte das Bedürfnis der Soldaten nach einer kreativen, handwerklichen Betätigung. Der Destruktivität des Krieges wurde ein kreativer Schaffensakt, und möge er noch so klein sein, entgegengesetzt. Soldaten in den Gräben fertigten aus reichlich verfügbaren Materialresten wie Holz, Leder oder Steinen kleine Kunstwerke und Gebrauchsgegenstände an. In den Frontgräben musste dies möglichst leise geschehen, um den Feind nicht auf sich aufmerksam zu machen, weshalb hier zumeist kleine geschnitzte oder geritzte Objekte entstanden.
Die Objekte werden heute als „Trench Art“ (Grabenkunst) bezeichnet, wobei nur ein kleiner Teil in den Gräben selbst hergestellt wurde. Viele entstanden in Lazaretten und rückwärtigen Gebieten. Häufig stellten handwerklich begabte Soldaten eine Reihe von Erinnerungsstücken für ihre Kameraden her. So entstanden Gebrauchs- und Dekorationsgegenstände wie Zigarettendosen und –spitzen, Kerzenständer, Vasen und Schmuck.
Diese Zigarettenspitze wurde 1918 wahrscheinlich als Erinnerungsstück an den Einsatz des Besitzers bei Verdun hergestellt. Das geschnitzte Holzstück zeigt neben dem Schriftzug „Verdun“ und den Jahreszahlen „1914-1918“ Verzierungen wie Blumen, einen Hirschkopf und vermutlich das Profil eines menschlichen Kopfes. Persönliche Erinnerungsstücke wie dieses zeigen häufig Symbole, die auf konkrete Erlebnisse und Erinnerungen des Trägers verweisen. Der Besitzer der Zigarettenspitze schenkte sie einem Kameraden im Lazarett, der selbst nie in Verdun war. Dieser bewahrte sie bis zu seinem Tod auf, vielleicht in Erinnerung an diese im Lazarett geknüpfte Freundschaft, und seine Familie gab sie vergangenes Jahr zu uns ins Museum.