Objekt des Monats 09/2019
Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten
Nahkampfkeule
Inventarnummer: 4.8
Als im Ersten Weltkrieg an der Westfront der Bewegungskrieg im Grabensystem erstarrte, wurden Kämpfe zunehmend aus der Distanz geführt. Die meisten Soldaten starben nicht im Angesicht des Gegners, sondern durch Artilleriefeuer, Maschinengewehrkugeln und Bomben. Mit punktuellen massierten Attacken, denen Artilleriefeuer auf die Stellungen vorherging, sollten Einbrüche erzielt werden, welche häufig hohe Verluste bei den Angreifenden verursachten. Kleinere Überfälle gegnerischer Schützengräben dienten auch dazu, um Gefangene zu machen, die zu Plänen und Standorten der feindlichen Truppen verhört werden konnten.
Auch wenn im Verhältnis zur Gesamtzahl nur wenige Soldaten durch solche Überfälle verletzt und getötet wurden, war die Angst davor trotzdem groß und viele Soldaten fühlten sich für diese Art von Kampf unzureichend ausgerüstet: Die Gewehre waren meist zu lang und unhandlich für die engen Gräben und Handgranaten mussten vorsichtig eingesetzt werden, um sich selbst nicht zu verletzen. Bevor 1915 offiziell Grabendolche zur Ausrüstung ausgegeben wurden, bastelten sich Soldaten häufig improvisierte Waffen, indem sie ihre Spaten anschliffen oder mittelalterlich anmutende Schlaginstrumente bastelten.
Die Nahkampfkeule unserer Sammlung wurde aus einem Holzstück und Metallteilen hergestellt, die wahrscheinlich im Schützengraben gefunden worden sind. Viele dieser individuell angefertigten Keulen bestehen aus gefundenen Materialien wie Stacheldraht, Geschossstücken, Sägeblättern und Nägeln. Mit der Schlaufe am Ende konnte die Nahkampfkeule an der Koppel oder am Handgelenk stets mitgetragen werden. Ob sie tatsächlich bei einem Angriff mitgeführt oder als Verteidigung eingesetzt wurde, ist unbekannt. Diese Art von Waffen hatten jedoch auf jeden Fall eine psychologische Funktion: Sie konnten beruhigend wirken, da sich die Besitzer für einen etwaigen feindlichen Überfall vorbereitet und gewappnet fühlten. Mit der Vorbereitung eines Kampfes Mann gegen Mann wirkten sie außerdem dem Gefühl des Ausgeliefertseins und der Hilflosigkeit in den anonymen industrialisierten Schlachten entgegen.