Fotografien einer sowjetischen Kaserne in Mahlwinkel von einem Bundeswehrsoldaten, 1992

Inv. Nr.: DPM 9.2439 – DPM 9.2459

Im vereinigten Deutschland von 1990 befanden sich noch hunderttausende ausländische Soldaten der ehemaligen Besatzungsmächte. Im Zwei-Plus-Vier-Vertrag wurde festgelegt, dass die sowjetischen Truppen vom Gebiet der ehemaligen DDR abziehen müssen. Fast eine halbe Million Soldaten, Zivilangestellte und Familienangehörige, sowie Ausrüstung und Waffen sollten bis Ende 1994 Deutschland verlassen. Dazu gehörten auch etwa 12.000 Kampfpanzer und gepanzerten Fahrzeuge.

In der Zeit näherten sich Sowjetarmee und Bundeswehr an und führten gemeinsame Konferenzen und Exkursionen durch. Im Februar 1992 besuchte eine Lehrgangsgruppe für politische Bildung der Offiziersschule des Heeres in Hannover eine Kaserne eines sowjetischen Artillerie- und Mot-Schützen-Regiments in Mahlwinkel in Sachsen-Anhalt. Ein Teilnehmer fotografierte seine Eindrücke und aus den Bildunterschriften wird deutlich, wie sehr sich der Alltag der Soldaten unterschied: „Bettensaal (100 Mann!)“, „85% der KPz/SPz jederzeit voll einsatzbereit“, „Der ‚Kapitän‘ (Hauptmann) der Kompanie (Kasache, 1,63m groß) ‚Panzergröße‘ 1,65m max.“.

Die multiethnischen Einheiten der sowjetischen Streitkräfte waren in der DDR größtenteils von der Bevölkerung isoliert gewesen. Der Kasernenalltag war hart und erlaubte wenig Freizeit und Privatsphäre. Die Soldaten waren häufig so weit von ihrer Heimat stationiert, dass ihre Urlaubstage kaum für einen Besuch ausreichten, der Sold war gering und Ausflüge nahezu unmöglich. Langeweile und Frustration führten auch zu vermehrten Kriminaldelikten.

Die ohnehin gigantische logistische Aufgabe des Abzuges wurde noch erschwert durch die gleichzeitige Auflösung der Sowjetunion Anfang der 1990er. Etwa 60% der stationierten Soldaten waren Russen, bei den anderen war zum Teil unklar, wohin sie zurückkehren sollten, da sich immer mehr Nationen für unabhängig erklärten. Trotzdem wurde der Abzug bereits Ende August 1994 abgeschlossen. Unterstützt wurde das Unternehmen mit 15 Milliarden DM der Bundesrepublik, wovon etwa die Hälfte zum Bau von Wohnungen in der UDSSR vorgesehen war, um die vielen Menschen unterzubringen.

Literatur

Bange, Oliver: Die Sicherheitspolitik Moskaus und der Stationierungsalltag in der DDR, in: Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst (Hg.): Der Abzug – Die letzten Jahre der russischen Truppen in Deutschland. Eine fotografische Dokumentation von Detlev Steinberg, Berlin 2016.

Blank, Margot: Russischer Soldatenalltag in Deutschland 1990-1994 – Bilder des Militärfotografen Wladimir Borissow, Berlin 2008.

Kowalczuk, Ilko-Sascha / Wolle, Stefan: Roter Stern über Deutschland – Sowjetische Truppen in der DDR, Berlin 2010.

https://www.bpb.de/themen/deutsche-einheit/zwei-plus-vier-vertrag/

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