Objekt des Monats 06/2021
Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum.
Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten
„Raus aus der NATO“ Demonstrationsschild
Inv. Nr.: DPM 6.1702
„Defender 2020“ als das größte Manöver in Europa seit 25 Jahren diente zur Übung der Verlegung von US-amerikanischen Kräften an den östlichen Rand des NATO-Bündnisses und damit an die Grenze zu Russland. Zuvor waren nur Verlegungen von Brigaden geübt worden, das Verlegen einer ganzen Division war mit ca. 29.000 US-Soldat:innen fünfmal so groß geplant. Deutschland als „Host Nation Support“ diente wie im Kalten Krieg aufgrund seiner zentralen Lage in Westeuropa als wichtiger Partner für dieses Manöver und unterstützte z. B. in der Logistik, dem Transport und der Versorgung. Die Kosten für den deutschen Fiskus sollten sich auf ca. 2,3 Millionen Euro belaufen und es sollten bis zu 4.000 Bundeswehrsoldat:innen involviert werden. Aufgrund der Verbreitung der Corona-Pandemie waren jedoch wesentlich weniger Soldat:innen an dem Manöver beteiligt und gemeinsame Übungen mit der Bundeswehr, z. B. in Munster, wurden abgesagt. Ursprünglich von Februar bis Mai geplant, wurde das Manöver im März vorzeitig beendet.
Diese Probe der militärischen Zusammenarbeit sollte laut Bundeswehr „ein deutliches Bekenntnis zur Sicherheit Europas“ von den USA sowie von Seiten Deutschlands „die glaubwürdige Realisierung der gemeinsamen Bündnisverpflichtungen untermauern.“ Neben der militärischen Machbarkeitsprüfung hatte das Manöver somit eine deutliche politische Stoßrichtung: Im angespannten Verhältnis der beiden Länder zur Regierungszeit Trumps war diese Zusammenarbeit ein Schritt aufeinander zu – allerdings auch eine Drohgebärde in Richtung Russland, das seinerseits in den vergangenen Jahren großangelegte Manöver in Belarus und im eigenen Land durchführte und sich durch dessen Annexion der Krim sich die Regierungen in den baltischen Staaten und in Polen bedroht fühlten.
Die Kritiker:innen sahen das Manöver als gefährliche Provokation Russlands und eine Förderung der Rüstungsspirale. Friedensorganisationen und Parteien wie die DKP und DIE LINKE organisierten Proteste an den Orten, an denen Truppenbewegungen stattfinden sollten und verantwortliche Politiker:innen eingeladen wurden. Greenpeace störte zum Beispiel mit Schlauchbooten die Anlandung US-amerikanischer Panzer in Bremerhaven, die Panzersoldat:innen kamen zuvor mit einem Flieger in Hamburg an. Am 28.02.2020 fand eine Demonstration in Hamburg statt, als im Hamburger Rathaus der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und Außenminister Heiko Maas als Ehrengäste zu einem Festmahl geladen wurden. Das für diese Veranstaltung gestaltete Demonstrationsschild „Raus aus der NATO“ ist ein Appell an die deutsche Regierung, aus der NATO auszutreten. Der durchgestrichene Panzer auf dem Demonstrationsschild verweist auf den Kampfpanzer als zentrales und damit ikonisches Symbol militärischer Aufrüstung. Die gelben Peace-Zeichen zeigen den Wunsch, dass mit der Forderung „Raus aus der NATO“ der Frieden gesichert würde.
Die NATO (North Atlantic Treaty Organization) ist ein Bündnis aus 30 Staaten Nordamerikas und Europas, welches sowohl militärische, als auch zivile Organisationsteile (wie den Nordatlantikrat) besitzt. In der Geschichte der NATO gab es immer wieder Staaten, die zeitweise zwar den politischen Gremien des Bündnisses, aber nicht den militärischen beitraten bzw. aus diesen austraten wie Frankreich, Spanien und Griechenland. Linke Kritiker:innen sehen einen Austritt Deutschlands aus den militärischen Strukturen der NATO als notwendig zur Wahrung des Friedens an. Ein gänzlicher Austritt Deutschlands aus der NATO würde jedoch einen grundlegenden Umbau der Sicherheitsarchitektur Europas bedeuten, weshalb als Ausgleich zur Etablierung eines Systems kollektiver Sicherheit eine Stärkung diplomatisch orientierter Bündnisse wie der OSZE gefordert wird. Der Austritt Deutschlands aus der NATO ist somit zwar nicht unmöglich, wird politisch zur Zeit jedoch lediglich von einer linken Minderheit als eine realistische Option gesehen.