
Hohlladungsgranate als Schnittmodell, 1971
Inv. Nr.: LS CACO 1928
Diese Hohlladungsgranate im Kaliber von 105 mm wurde im Jahr 1971 hergestellt und beispielsweise im Leopard 1 verwendet. Gegen gepanzerte Ziele erreicht dieser Munitionstyp seine optimale Wirkung, er kann jedoch auch gegen befestigte Stellungen, Gebäude oder so genannte Weichziele, wie Infanteriesoldaten oder ungepanzerte Fahrzeuge, eingesetzt werden. Diese Granate wurde zu einem Schnittmodell umgebaut, um die einzelnen Bauteile erkennbar zu machen. Solche Schnittmodellen werden bis heute in der Ausbildung von Soldat:innen verwendet.
Unten in der Messinghülse ist die schwarze, pelletförmige Treibladung erkennbar, welche das Geschoss nach dem Abfeuern durch das Kanonenrohr treibt und auf eine Geschwindigkeit von mehr als 1.000 Metern pro Sekunde beschleunigt. Dort ist auch die silberne Flügelleitwerkstabilisierung zu sehen, welche die Flugbahn des Geschosskopfes nach Verlassen des Rohrs stabilisiert und den Drall minimiert. Beim Eintreffen des Geschosses auf das Ziel wird der Aufschlagzünder ausgelöst, der über ein Kabel wiederum den Bodenzünder auslöst. Diese Energie stülpt den kupferfarbenen Trichter der Hohlladung nach vorne um und kaltformt ihn zu einem superplastischen Stachel. Dieser Hohlladungsstachel trifft mit bis zu 12.000 Metern pro Sekunde auf das Ziel auf, dringt in den Stahl ein und verdrängt diesen hydrodynamisch zur Seite und nach innen. Wird die Panzerung ganz durchdrungen, dringen Druck, Hitze, Gase, Rauch und Splitter in den Innenraum des gegnerischen Panzers.
Der Hohlladungseffekt wurde bereits im Jahr 1888 in Deutschland beschrieben und im Bergbau genutzt. Seit Ende der 1930er Jahre wurde derartige Munition beim Militär verwendet, eine richtige Analyse der physikalischen Vorgänge fand aber erst ab 1948 statt. In den 1950er Jahren kam an der Spitze der Abstandszünder dazu, der gewährleistet, dass die Granate im idealen Abstand zur Panzerung auslöst, um so die bestmögliche Durchschlagsleistung zu erzielen. Auch die Panzerung wurde daraufhin weiterentwickelt, so mindern Materialgemische und Hohlräume die Wirkung der Hohlladung, weshalb beispielsweise Keramikplatten, Zwischenräume mit Luft oder Sand oder Sandwich-Panzerung aus unterschiedlich harten Materialien verbaut wurden.
In der NATO werden Hohlladungsgranaten als „HEAT“ bezeichnet, was für „High Explosive Anti-Tank“ (hochexplosiv, Anti-Panzer) steht.
Literatur:
Enke, Thomas: Grundlagen der Waffen- und Munitionstechnik, Regensburg 2020.
Hazell, Paul J.: Armour. Materials, Theory, and Design, Oxon 2023.
Hilmes, Rolf: Meilensteine der Panzerentwicklung. Panzerkonzepte und Baugruppentechnologie, Stuttgart 2020.
Ogorkiewicz, Richard M.: Technologie der Panzer II. Bewaffnung, Munition, Ziel- und Sichtgeräte, Feuerleit- und Richtanlagen, Panzerabwehrflugkörper, Wien 1999.
Beim Objekt des Monats erzählen wir die (Kurz-) Geschichte eines besonderen Objekts aus dem Panzermuseum. Da wir uns bemühen auch besonders Stücke aus dem Depot vorzustellen, finden sich hier auch ungewöhnliche Objekte und spannende Geschichten. Weitere Objekte des Monats …



